Schon Googles Gründer haben erkannt, dass KI wichtig wird, sie haben von Anfang an in den Bereich investiert. Inzwischen haben wir die meisten KI-Forscher auf der ganzen Welt, das zieht sich durch die gesamte Organisation. Wir sind ziemlich gut darin und machen das seit bald 20 Jahren. Daher hat Google hier einfach einen Vorsprung. Und diesen Vorsprung können wir im Cloud Computing schnell in Produkte und damit zu den Kunden bringen.
Aber große Forschungsabteilungen haben Amazon und Microsoft auch.
Mir ist es kürzlich gelungen, mit Andrew Moore einen Dekan in Computerwissenschaft von der Carnegy Mellon Universität für Google zu gewinnen. Er ist ein absoluter Experte im maschinellen Lernen. Wir haben das wichtigste Gerüst für KI gebaut, viele neue Arbeiten basieren auf unserem Konzept von Auto ML, einer Weiterentwicklung des maschinellen Lernens. Die KI-Community „Kaggle“ hat mehr als 2 Millionen aktive Nutzer. Dort veröffentlichen Data-Scientists ihre Modelle und treten in Wettbewerben gegeneinander an. Wir haben mit all unseren Angeboten einfach eine kritische Masse erreicht, die unsere KI-Entwicklung schneller weiterbringt.
Manche Kunden sagen, dass sie lieber mit Microsoft zusammenarbeiten, weil die mehr Erfahrung mit Geschäftskunden hätten …
… länger dabei heißt nicht unbedingt besser (lacht).
… Google kennt man eher von der Konsumentenseite. Wie wollen Sie dieses Bild drehen?
Wir bauen auf allen Fronten aus. Wir stellen mehr Ingenieure ein, haben riesige Trainingszentren und starke Partner. Es geht darum, ein Ökosystem in der Cloud zu bauen. Wenn Unternehmen sehen, was andere schon tun, dann ziehen sie nach. Wir sind dafür der beste Partner.
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Amazon hat mit seinem Dienst Amazon Web Services aber einen gehörigen Vorsprung.
Einer der wichtigsten Gründe dafür, warum Unternehmen auf die Cloud setzen, ist der Nutzen von Daten. Egal, ob man Vertriebsabläufe oder Verkaufsabschlüsse erkennen will, Gesundheitsmodelle voraussagen oder Krankheiten besser diagnostizieren: Die Daten helfen dabei, schneller zu werden. Da findet gerade eine Revolution statt. Und wir sind in der Position, den Unternehmen dabei zu helfen, weil wir die Werkzeuge dafür haben. Und wir können sie darin schulen, den Umgang mit den Daten zu lernen. Außerdem ist unsere Cloud sehr sicher.
Inwiefern?
Die Cloud hat Skaleneffekte: Wir erkennen mehr Angriffe als jeder andere auf der Welt. Pro Minute blocken unsere Sicherheitssysteme 10 Millionen Spam- und Phishing-Angriffe. Da wir so viele Attacken registrieren, können wir unsere Verteidigung direkt anpassen und global ausrollen. Und weil wir das so ernst nehmen, haben wir das in alle Bereiche eingebaut, bis hinunter zu den Chips, die so gebaut sind, dass niemand sie manipulieren kann. In unserem Netzwerk überlassen wir nichts dem Zufall.
Nun sagen Sie, dass die Sicherheit ein wichtiger Aspekt ist. Trotzdem hadern viele Unternehmen noch mit der Datenwolke – auch aus Sicherheitsgründen.
Erst 10 Prozent des Workloads rund um die Welt liegt in der Cloud, das stimmt. Deshalb müssen wir auch verstehen, was die Sorgen sind. Wir sind schließlich eine Menge Ingenieure und wollen Lösungen dafür finden. Liegt die Zurückhaltung daran, dass wir ein amerikanisches Unternehmen sind? Auch an dem Bild können wir arbeiten, um Vertrauen aufzubauen.
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Ist Ihr Versuch, ein besonders ethisches Unternehmen zu sein, auch Teil dieser Vertrauensbildung? Sie haben sich zuletzt aus einem Großprojekt der amerikanischen Regierung zurückgezogen. Beim „Project Maven“ hilft Google dem Pentagon, mit KI Videos zu analysieren, was Drohnen zielgenauere Angriffe ermöglichen könnte. Für den neuen Auftrag bieten Sie nicht mehr mit.
Wir haben uns selbst KI-Grundsätze auferlegt. Und wenn uns ein Vertrag sagt, dass wir etwas nicht mehr tun, dann machen wir es auch nicht. Dafür gibt es im übrigen auch keinen politischen Hintergrund.
Google bietet auch nicht beim „Project Jedi“ mit, einem Cloud-Computing-Auftrag des Verteidigungsunternehmens, der bis zu 10 Milliarden Dollar einbringen könnte. Amazon und Microsoft bieten aber mit. Das dürfte den Abstand doch noch vergrößern.
Wir folgen unseren Prinzipien. Es wäre schön, wenn es einen Multi-Cloud-Ansatz geben würde, in dem wir für Teilaufträge bieten könnten, die mit unseren Regeln übereinstimmen.
Sie beharren auf Prinzipien, die noch recht jung sind. An denen ist nicht zu rütteln?
Man soll niemals nie sagen, aber auf diesem Standpunkt stehen wir heute.
In einem Blogpost haben Sie selbst geschrieben, dass man nicht kontrollieren könnte, wie Technik verwendet wird.
Das stimmt auch. Wir schauen aber nicht proaktiv danach, was unsere Kunden tun. Das ist ihr Geschäft und damit auch ihre Sache.
In Ihrer Belegschaft waren schon viele Mitarbeiter froh über die neuen KI-Richtlinien. Können Sie dazu noch mehr sagen?
Die „AI Principles“ sind öffentlich, die kann man unter anderem in unseren Blogs nachlesen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Angeblich will Google auch sein Cloud-Geschäft in China ausbauen. Stimmt das?
Wir haben Kunden, die in China arbeiten. Aber derzeit haben wir keine eigenen Rechenzentren dort.
Planen Sie, daran etwas zu ändern?
Ich werde keine Aussagen zur Zukunft treffen. Wir haben viele globale Kunden, die wir unterstützen.
Aber Sie haben selbst gesagt, dass Sie eine „globale Cloud“ schaffen wollen.
Absolut. Sehr global.
In Europa investieren Sie jedenfalls schon viel, vor allem in neue Mitarbeiter.
Und in Rechenzentren. Außerdem investiere ich meine Zeit, ich sitze im Aufsichtsrat von SAP, ich bin ständig hier.
Fokussiert sich Google besonders auf Europa, weil der Markt im Cloud-Geschäft noch stärker aufholen kann?
Wir sind eigentlich überall fokussiert und investieren rund um die Welt. In Europa gibt es aber natürlich großartige Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten können und bereits zusammenarbeiten.
In Europa müssen sich nun auch alle Amerikaner an neue Spielregeln halten – Stichwort Datenschutzgrundverordnung.
Die DSGVO ist eine gute Regulierung. Sie ermöglicht es, Daten über Grenzen hinweg zu bewegen und setzt gleichzeitig klare Regeln. Weil wir sie für einen guten Standard halten, haben wir sie gleich global umgesetzt.
Sie haben auch viele Forschungsstandorte, für KI etwa in München, London und Zürich. Ist der Kampf um Talente der wichtigste der Zukunft?
Wir sind schon sehr gut darin, talentierte Kollegen zu finden. Aber es ist trotzdem viel Arbeit, weil wir die Qualität natürlich hoch halten müssen. Im Moment gibt es jedoch ein starkes Momentum rund um KI und daher sehr viel Expertise.
In dem Bereich gibt es derzeit allerdings viel mehr Männer als Frauen. Finden Sie das gut?
Wir müssen schon Mädchen dazu bewegen, programmieren zu wollen. Ein deutscher Kunde hat mir gezeigt, welche Apps seine 9 Jahre alte Tochter in der Programmiersprache Python schreibt. Wenn das alle 9-Jährigen machen würden, wäre unsere Arbeit erledigt – in der Realität steht uns aber noch einiges bevor. In der Zwischenzeit können Unternehmen damit anfangen, genau hinzuschauen.
Worauf sollen sie achten?
Wenn eine Gruppe in der Minderheit ist, neigt sie dazu, leiser zu sein und sich eher zurückzuhalten. Es ist unsere Aufgabe, ihnen klarzumachen, dass sie genauso wie jeder andere einen Platz am Tisch haben. Wir bei Google tun dafür sehr viel, aber es ist auch noch viel Arbeit.
Sie haben selbst als Programmiererin begonnen und leiten heute einen der wichtigsten Bereiche eines der größten Technologiekonzerne der Welt.
Ich erlebe häufig herzerwärmende und gleichzeitig ernüchternde Momente. Es kommen wahnsinnig viele junge Frauen auf mich zu, für die meine Karriere ein Beispiel dafür ist, dass sie es auch schaffen können. Je mehr Frauen wir in solchen Rollen sehen, desto einfacher wird es.
Als Chefin können sie so etwas auch beeinflussen.
Ich habe ein unglaubliches Team und es besteht zur Hälfte aus Frauen. Das war so gar nicht geplant, sondern ist einfach passiert. Sie sind die richtigen Leute für den Job. In jedem Meeting sind wir zur Hälfte Frauen. So arbeiten wir. Ich glaube, dass es uns besser macht.
Sie segeln schon ihr ganzes Leben lang. Macht Sie das auch besser in der Führung?
Auf jeden Fall, Segeln und Management haben sehr viel gemein. Denn beim Segeln muss man vorbereitet sein. Du musst dein Equipment parat haben und eine gut trainierte Crew. Außerdem arbeitet man sehr zielorientiert und man lernt, mit Planänderungen umzugehen.
Was tut man, wenn ein Sturm aufzieht?
Man plant die Richtung, das Wetter, man stellt sich bei einem Rennen auf die Gegner ein. Doch wenn es beginnt, ändern sich die Gegebenheiten schnell. Das bedeutet, dass man konstant Daten aufnimmt und sie verarbeiten muss. Und dann Entscheidungen treffen. Das ist es auch, was das Geschäftsleben ausmacht.